Document Type

Article

Publication Date

3-2013

Abstract

zuerst einmal nicht schaden": Das ist der wohl wichtigste Grundsatz der Medizin. Aber diese Mission droht durch den Einfluss großer Pharmafirmen unterhöhlt zu werden. Der Vorwurf einer Verstrickung von Ärzten und Arzneimittelherstellern ist schon in fast allen medizinischen Fachrichtungen aufgekommen. Vor allem aber die Psychiatrie steckt in einer Glaubwürdigkeitskrise. Das zeigt sich in der aktuellen Debatte um die neue Auflage des "Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen" (DSM).

Dieses von der US-Psychiater-Vereinigung APA herausgegebene Handbuch definiert, was eine psychische Erkrankung ist. Die Bedeutung dieser Wertung geht weit über die USA hinaus - das Handbuch nimmt oft Definitionen der Weltgesundheitsorganisation vorweg.

Als 1952 die erste DSM-Ausgabe erschien, gab es noch keine Angsthemmer oder Antidepressiva. Wenn sich ein Kind danebenbenahm und in der Schule nicht bei der Sache war, galt es als widerspenstig. War ein Teenager gereizt oder labil, hieß es, er gehe durch den "Sturm und Drang" der Jugend. Heute sind viel mehr seelische Zustände als Krankheitsbild definiert; das ungestüme Kind erhielte rasch die Diagnose ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung) und bekäme Stimulanzien verabreicht. Dem Teenager würden wohl Atypische Neuroleptika gegen eine Bipolare Störung verschrieben.

Und wenn im Mai 2013 die fünfte Auflage des DSM herauskommt, wird ein Mensch, der zwei Wochen nach dem Verlust eines geliebten Menschen immer noch weint und keine Freude empfindet, nicht mehr als Trauernder gelten - sondern als klinisch depressiv.

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This article appeared in GEO, Issue 3 (March 2013), pp. 90-91.

English translation of title: "Why the Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders may not be good for your health"

Publisher

GEO

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